Pandemie auch eine Chance für Kirche und Kultur

EKD-Kulturbeauftragter Johann Hinrich Claussen bei den „Kirchberger Gesprächen“ in der Friedenskirche in Kirchberg

Kirchberg. Die Pandemie stellt Künstler, Museen und kulturelle Einrichtungen vor große Herausforderungen. Keine Auftritte, Zutrittsbeschränkungen, auch Sinnkrisen. „Für die Kultur bedeutet das alles einen immensen Schaden und für die Künstler ist dies eine ganz schwere Zeit“, sagt Dr. Johann Hinrich Claussen. Er ist Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Und suchte in Kirchberg das Gespräch mit Kulturschaffenden aus dem Hunsrück.

Und die schilderten eindrücklich ihre Erlebnisse und Eindrücke der Pandemie. „Corona hat die Gesellschaft ins Mark getroffen und bedeutete einen dramatischen Einbruch in das kulturelle Leben“, so Dr. Fritz Schellack, der Leiter des Hunsrück-Museums. Oder der Maler Karl Kaul meinte: „Keine Ausstellungen mehr, Präsentationen nur noch online. Wir sind am Ende.“ Schilderungen, die auch Johann Hinrich Claussen beeindruckten. „Wir erleben derzeit, gerade auch im kulturellen Bereich, eine epochale Not, auch eine Wende“, meinte er in Kirchberg.

Dabei warnte er davor, dass sich in der Gesellschaft eine Entwöhnung oder eine negative Gewöhnung an die Situation einstelle. „Jetzt haben viele das Gefühl, dass es wieder los geht, doch viele müssen das erst mal wieder kennenlernen, es braucht eine rituelle Praxis und die Menschen müssen erkennen, dass kulturelle Einrichtungen ein öffentlicher Ort sind“, so der Theologe.

Diese Erfahrung müssten auch die Kirchen machen, gab Claussen in Kirchberg auch zu bedenken. „Die Wucht, die uns alle traf, hat da aber auch viel möglich gemacht, weil man auch mal was ausprobiert hat“, meinte der EKD-Kulturbeauftragte. Er sei froh, dass die Kirche dabei oft der einzige offene Ort gewesen sei für Kunst und Kultur. „Das hat das Problem nicht gelöst, aber es war eine Chance für beide Seiten und auch ein Hoffnungszeichen“, war er überzeugt.

„Das kommt mir ein wenig zu positiv rüber“, entgegnete Dr. Karl Werner von der Buchhandlung Schatzinsel in Simmern. Ihm sei es vorgekommen, dass auch die Kirche in der Pandemie oft zu zurückhaltend gewesen sei. „Einladungen an die Kultur habe ich da nicht so gehört“, meinte er. Auch Karl Kaul unterstützte dies: „Ausstellungen in Kirchen waren eher die Ausnahme.“

„Wir haben als Kirche in der Pandemie sicher einiges hingekriegt und haben Neues gelernt, aber wir haben auch manches verpasst, waren vielleicht zu sehr mit uns selbst beschäftigt“, gab sich Superintendent Markus Risch selbstkritisch. Dennoch sei er froh, dass hier ein solches Gespräch nun stattfinde zwischen Kirche und Kultur. Das sei gerade auch die Aufgabe der „Kirchberger Gespräche“, wobei für ihn hier der Schwerpunkt klar auf dem Gespräch liegen würde. „Es geht ums Hinhören, Zuhören und daraus dann auch lernen“, betonte der Superintendent. Und gerade auch die Kirche möchte damit zeigen, dass sie bereit sei zum Hören und eine Gemeinschaft darstelle, die sich für die Bedürfnisse ihres Umfelds öffnet.

Jedenfalls gab es direkt nach der Veranstaltung mehrere Gespräche noch in der Friedenskirche, auch wurden schon erste Kontakte geknüpft für kulturelle Veranstaltungen in den Hunsrücker Kirchen. „Wir sollten einfach schauen, was möglich ist, und oft ist mehr möglich, als man glaubt“, machte der EKD-Kulturbeauftragte den Hunsrücker Kirchen, aber auch den Hunsrücker Kulturschaffenden dafür Mut.

  • 10.9.2021
  • Dieter Junker